Bergbau am Meeresboden

Solwara 1

Bergbau am Meeresboden vor Papua-Neuguinea

Hintergründe, Fragen, Widerstand

Auf der Suche nach wertvollen Rohstoffen für Digitalisierung und E-Mobilität soll ein erstes Bergbauprojekt in der Tiefsee vor Papua-Neuguinea den Meeresboden umpflügen – Solwara 1. 30 Kilometer vor der Küste fürchtet die lokale Bevölkerung die Zerstörung von Umwelt und lebenswichtiger Fischgründe. Spannende Recherchen, Interviews mit Betroffenen, versehen mit zahlreichen Infografiken!

Aus der Einleitung: Während die internationale Gemeinschaft im Rahmen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen und den Zielen für nachhaltige Entwicklung um Bedingungen und Strategien für eine gerechte und verantwortliche Meeresnutzung ringt, werden vor der Küste der pazifischen Inselstaaten Fakten geschaffen. Der lokale Widerstand gegen diese Eingriffe erinnert nicht von ungefähr an die Proteste gegen atomare Großprojekte vor 40 Jahren in Europa: bekanntlich eine Technologie, die einst alle Entwicklungsprobleme lösen sollte und aus der heute mühsam der Ausstieg gesucht wird. Wir erleben heute mit dem Tiefseebergbau die Geburt einer neuen Großtechnologie. Ihre Ursprünge gehen bis in die 1960er Jahre zurück, aber erst seit der Jahrtausendwende ist die Perspektive real. Die Erze am Meeresboden sollen ein profitables Geschäft für inter-nationale Investoren abgeben. Doch die Summen, die in die Entwicklung und den Bau der speziellen Abbautechnologie geflossen sind, rechnen sich nicht durch die Ausbeutung einer einzelnen Mine. Solwara 1 soll der Auftakt zu einer Ausweitung des Tiefseebergbaus auf viele weitere Flächen sein. Die Salomonen, Tonga, Kiribati und die anderen pazifischen Inselstaaten haben ebenfalls bereits Lizenzen für den Meeresboden vergeben. Andere Projekte werden u.a. vor Japan und im Roten Meer vorangetrieben. Die neue Großtechnologie Tiefseebergbau wird, wenn nicht politisch gegen sie entschieden wird, das Gesicht des Planeten verändern. Die Befürworter dieser Großtechnologie führen im Wesentlichen drei Argumente dafür ins Feld. Sie sei notwendig, um den global steigenden Ressourcenverbrauch zu befriedigen. Sie stelle eine ökonomische Entwicklungschance für die betroffenen Regionen dar. Die Spuren des ökologischen Eingriffs seien weniger tief als beim Bergbau an Land und der Meeresbodenbergbau folglich die nachhaltigere Alternative. Wie in der vorliegenden Studie gezeigt wird, ist keines dieser Argumente stichhaltig. Dagegen sind die Risiken und bereits heute gesicherten negativen Auswirkungen weit dramatischer, als von den Befürwortern eingeräumt wird. Risiken und Negativfolgen betreffen die lokale Fischerei und Subsistenzwirtschaft, die Ernährungssicherheit der betroffenen Bevölkerung sowie die nachhaltige lokale und regionale Entwicklung im Pazifik. Darüber hinaus drohen grenzüberschreitende Negativwirkungen und eine Infragestellung vereinbarter Meeresschutzinitiativen. Das betrifft sowohl Eigentumsrechte als auch das Recht auf vorherige, freie und informierte Zustimmung. Das Projekt Solwara 1 ist zum Symbol geworden, weil es eine Vielzahl von aktuellen Themen zukünftiger Entwicklung in Ländern des globalen Südens berührt: Ernährungssicherheit, Kleinfischerei, nachhaltige Regionalentwicklung, indigene Rechte, Menschenrechte, ökologisches Vorsorgeprinzip, Partizipation. Für die Kirchen in der südpazifischen Region sind der Tief-seebergbau und die damit verbundene soziale Frage inzwischen ein Thema von großem Belang geworden. Tiefseebergbau betrifft alle. Die Folgen werden nicht auf die pazifische Region beschränkt bleiben.

Der Fall Solwara 1 ist nicht zu trennen von der globalen Auseinandersetzung um den Übergang von einer zerstörerischen und ungerechten Wirtschaftsweise zu einer nachhaltigen, solidarischen Ökonomie. Er ist Teil der Entscheidung, auf welche Weise wir die Ozeane und Meere zukünftig nutzen wollen; wie wir mit den natürlichen Ressourcen gerecht und verantwortlich umgehen und nicht zuletzt auf wen wir dabei hören werden.

Hier geht es zum Blog von Francisco Marí: www.brot-fuer-die-welt.de/blog

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