Die EU-Afrika-Handelsbeziehungen neu gestalten

Große Teile der afrikanischen Zivilgesellschaft kritisieren, dass die bilateralen Wirtschaftsabkommen (EPAs) Freihandelsabkommen seien, die den Schutz- und Entwicklungsbedürfnissen verwundbarer Volkswirtschaften in Afrika entgegenstehen. Sie fordern das Aussetzen aller bislang geschlossenen EPAs und ein Ende des Drucks der EU-Kommission auf die Länder, die Widerstand gegen den Abschluss der EPAs leisten.

Dokumentation der Konferenz am 7. Juni 2017

Die Zivilgesellschaften Afrikas und auch in Europa haben von Anfang an die Idee, dass bilaterale Abkommen diese ungleiche Handelssituation verbessern könnten, skeptisch betrachtet. Nur eine neue Rhetorik von Entwicklungsförderung und Partnerschaft als Hauptinteresse an Wirtschaftsabkommen wurde und wird als zu gering erachtet, um wirklich an ein Ende der ungleichen Wirtschaftsverhältnisse zu glauben. Schon die Begründung der EU-Kommission, war-um es ohne EPAs keine Forstsetzung des Zugangs afrikanischer Staaten zum EU-Markt geben könnte, haben wir mit unseren afrikanischen Partnern immer wieder hinterfragt.

Die EU hat bis heute nie den Versuch unternommen, bei der WTO für Afrika als Ganzes eine Sonderregelung zu erhalten, obwohl der ursprüngliche Streit in der WTO um die AKP-Präferenzen für Bananen schon lange der Vergangenheit angehört. So ist es kein Wunder, dass Gewerkschaften, die Kirchen, Bauernverbände, Kleinunternehmer und Nichtregierungsorganisationen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten vorwerfen, sie verfolge entgegen ihrer Entwicklungsrhetorik mit den EPAs doch profane offensive Handelsinteressen für den zollfreien Export ihrer Waren.

Daher haben sich schon zu einem frühen Zeitpunkt auch die Veranstalter dieser Konferenz mit einer deutschen Koordination an der sehr erfolgreichen Kampagne StopEPAs beteiligt. Erfolgreich in dem Sinne, dass wider Erwarten bis heute nur eine kleine Staatengruppe im Südlichen Afrika ein nicht einmal vollständiges Partnerschaftsabkommen, sondern nur ein Güterabkommen mit der EU abgeschlossen hat. Zum anderen, und das sehen wir mit Sorge, existiert aktuell ein Flickenteppich von einigen wenigen behindern massiv bestehende regionale Wirtschaftsgemeinschaften in ihrer Entwicklung und führen schon heute zu Konflikten, wie in Ost- und Westafrika.

Denn nur 14 von 50 afrikanischen Staaten haben die Abkommen ratifiziert und sind deshalb gezwungen, ihre Märkte gegenüber der EU zu öffnen. Dennoch hat dieser Erfolg der Verweigerung durch die große Mehrheit der afrikanischen Staaten einen bitteren Beigeschmack. Die EU pocht weiter auf den Abschluss und vor allem auf die Umsetzung aller aus-gehandelten Abkommen. Auch wenn sie bei der Verlängerung der Zollfreiheit für kenianische Exporte Flexibilität zeigte, macht die EU weiter Druck auf die renitentesten Staaten, insbesondere auf Nigeria und Tansania.

Die Konferenz im Haus von Brot für die Welt sollte im Vorfeld der Konferenz „G20 Africa Partnership – Investing in a Common Future“ unter Leitung der deutschen Bundesregierung eine neue faire Handelspolitik aus Sicht der europäischen und afrikanischen Zivilgesellschaft ausloten. Die Alternativ-Konferenz „Die Chance ergreifen: EU-Afrika-Handelsbeziehungen neu gestalten“ hatten attac, Germanwatch, MISEREOR und KASA organisiert.

Zu Wort kamen führende Persönlichkeiten der handelspolitischen Szene des afrikanischen Kontinents zu Wort, die an den Verhandlungen über die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen teilgenommen haben und ihre Erfahrungen nach mehr als 15-jährigen Gesprächsprozessen mit der EU beschreiben. Eingeladen waren u.a. Yash Tandon: Die Neu-Ausrichtung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Afrika; Helmut Asche: EPAs: Ausweg aus der Sackgasse?, Cheikh Tidiane Dieye: EPAs: Afrika braucht eine Atempause; Kennedy Ukaóha: EPAs: Entwicklungshindernis statt Entwicklungsförderung;Yvonne Takang: EPAs: Unfaire Abkommen verhindern fairen gerechten Handel; Ndongo Samba Sylla: EPAs und Industrialisierung: Helfen Exportsteuern bei der Steigerung der Wertschöpfung?

Dokumentation der Redebeiträge: Brot für die Welt