Verkaufte Götter

Unsere Museen sind prallvoll mit Geistermasken Afrikas. Aber Afrika hat fast keine Masken mehr, Erwerb und Herkunft der Sammlungen im Norden der Welt sind umstritten und junge Intellektuelle Afrikas beschwören mit den Fetischen aus verlorener Vergangenheit die Geschichte des Kontinents und ihre eigene Identität. Doch wem gehören diese Schätze wirklich? Alles „Raubkunst“ - oder was? Expertinnen und Experten aus Afrika fragen: war das nicht alles einfach Raub? Stehen wir vor Kolonialismus? Oder am Beginn neuer Formen kulturellen Austausches?

Dokumentarfilm von Peter Heller, Deutschland 2019, 100 min

Produktion: filmkraft

Recherchen, Mitarbeit an Konzeption u.a.: Cornelia Wilß

Der Film nimmt uns mit auf eine Reise zu Schauplätzen, wo alte afrikanische Kunst zum Leben erwacht, in ländliche Regionen Afrikas, wo geheimnisvolle kunstvoll geschnitzte Masken im Tanz lebendig werden, erzählt von Sammelwahn und Raubzügen, von Kult- und Spekulationsobjekten, von Auktionen, Markt und Marketing und dem Streit um die Rückgabe afrikanischer Kunst.

Der Film nimmt uns mit auf eine Reise zu Schauplätzen, wo alte afrikanische Kunst zum Leben erwacht. In ländliche Regionen, wo geheimnisvolle kunstvoll geschnitzte Masken im Tanz lebendig werden, die Ahnen gütig stimmen sollen und die Götter verehren. Zu den Märkten in Togo, wo Fetische neben Kitsch und Kommerz an Touristen verkauft werden. Zu Zwischenhändlern,die viel wagen, um noch originale Kulturgegenstände aufzutreiben, mit denen sich lukrative Geschäfte machen lassen.

Der Markt in Afrika ist, wie der Kunstexperte, K.F. Schädler sagt, leer gefegt. Gewinne erzielt der Sammler nur noch mit Prachtstücken, die schon seit hundert Jahren durch den Norden der Welt von Sammler zu Sammler geistern, in hippen Galerien und Ausstellungen gezeigt und auf hochdotierten Auktionen in Paris, Zürich und London gehandelt werden.

Derweil lagern in den ethnologische Museen Europas  Abertausende von schönen Alltags- und Kultgegenständen aus Afrika, unbesehen von der  Öffentlichkeit, und legen eine Staubschicht an. Berühmte Museen wie das Musée de quai Branly zeigen nur einen Bruchteil ihres Fundus. Einzelstücke von besonderer Pracht, die Heerscharen von Besuchern anziehen, sind der ganze Stolz der Museumsleute in Paris genauso wie in Berlin.

Der Jugend Afrikas werden die Schätze ihrer eigenen Kultur oftmals erst auf der Touristenroute durch Europa als Verluste bekannt. Das Wissen um den Wert der eigenen uralten Kulturen anhand von Objekten, die nun nach Afrika zurückgegeben werden sollen, ist für Intellektuelle wie Prof. Felwine Sarr und Dr. Ibou Coulibaly ein Hauptmotiv für die Restitution. Auch für die Politologin Dr. Aissa Halidou aus Niamey (Niger), Dr. Romouald Tchibozo (Tansania) und Dr. Salia Male, Leiter des Nationalmuseums in Bamako stellen die Rückgabe aller Kulturgüter einen notwendigen Akt von De-Kolonisierung dar: als Wiedergutmachung und als Chance der Wiederaneignung der eigenen Geschichte, welche durch den Verlust der Kulturobjekte unterbrochen wurde.

Aber was ist Raubkunst? Die Bestände und Ausstellungen von außereuropäischer vorkolonialer und kolonialer Kunst- und Kultur geraten ins Rampenlicht der medialen Aufmerksamkeit. KuratorInnen und ExpertInnen stehen unter Erklärungsnot. Sie sehen ich mit dem Vorwurf konfrontiert, dass eine Zuschaustellung von Objekten zur Erbauung der europäischen Betrachter, aus dem Kontext ihrer Herkunftskulturen gerissen, die schmerzhafte Geschichte kolonialer Enteignung fortschreibt. Die im Film nacherzählte Geschichte des prächtigen Throns „Mandu Yenu“, der als „Geschenk“ der Ethnie der Bamoun in den Besitz des mächtigen deutschen Kaisers in Berlin überging, in Dahlem ausgestellt war und nun ins umstrittene Berliner Schloss ziehen soll, spürt der großen Symbolkraft eines „Geschenks“ in der Spiegelung deutscher Kolonialgeschichte nach.

In der Vergangenheit waren die „Völkerkundler“ Verwalter rassistischer Ideologien. Das Selbstverständnis der Ethnographen des 21. Jahrhunderts dagegen ist anders angelegt. Hier beschreiben prominente Fachleute die Herausforderungen einer neuen Museumspraxis.

Der Autor (und Produzent) Peter Heller profitiert bei diesem Filmvorhaben von seinem reichen Archiv an Filmschätzen aus eigener, mehr als dreißigjähriger Filmarbeit in Tanzania, Kamerun, Namibia, Senegal und Mali: Geschichten um Museumschätze in Europa und Kulturverlust in Afrika auf einer Missionsstation am Fuße des Kilimanjaro. Die Beobachtungen und Reflektionen von noch lebenden Zeitzeugen über den Verlust des Schiffsschnabels von Kameruns Küste oder des „Throns „Mandu Yenu“ hatte er schon in den siebziger und achtziger Jahren in Ost- und Westafrika aufgezeichnet.


Chronist mit offenem Ausgang