Der Export mit dem Fischmehl in Westafrika boomt –zu Lasten der lokalen Fischergemeinden

Fischereigemeinden sind die ersten Opfer der Aktivitäten von Fischmehlfabriken, die in ganz Westafrika wie Pilze aus dem Boden schießen.

In den letzten fünf Jahren haben sich in Gambia drei solcher Anlagen in den im Süden des Landes gelegenen Orten Gunjur, Sanyang und Kartong angesiedelt, errichtet in der Nachbarschaft wichtiger Anlandestellen der traditionellen Fischerei. Der Konflikt beschäftigt die Vertreter der Fischereisektors wie Dawda F. Saine.

Fischmehl und -öl, hergestellt meist aus kleinen Schwarmfischen, vor der westafrikanischen Küste insbesondere Sardinella aurita (Goldsardine), Sardinella maderensis (Sardinella) und Ethmalosa fimbriata (Bonga), sind industriell gewonnene Produkte. In Fabriken werden diese Konzentrate aus eigens für die Verarbeitung gefangenen Fischen, Beifängen oder aus Resten aus der Fischverarbeitung durch Zerkleinerung und Trocknung hergestellt. Sowohl Fischöl als auch Fischmehl [FMFO] werden zur Aufzucht von Lachs, Forelle, Wels und Garnele in der Mari- und Aquakultur sowie in der Tiermast verwendet. Die stetig steigende Nachfrage nach Fisch und Meeresfrüchten auf den globalen Märkten – vor allem in China – hat in den letzten Jahren die FMFO-Produktion in Westafrika beflügelt. Neue Fischmehlfabriken wurden an verschiedenen Standorten errichtet. Nach Angaben von UN Comtrade produzierte Westafrika im Jahr 2016 bereits sieben Prozent des weltweiten Fischmehls. In einigen Ländern ist die Produktion besonders stark angestiegen; zum Beispiel wird mittlerweile die Hälfte des Fischfangs in Mauretanien zur Herstellung von Fischmehl verwendet. Doch Produktion und Verfütterung von Fischmehl bleiben nicht ohne Folgen: Untersuchungen zeigen, dass Fischmehl ein Faktor ist, der die Überfischung und die illegale Fischerei vorantreibt. Verstärkt unter Druck geraten gerade die kleinen Schwarmfische, die an der Basis der Nahrungsnetze eine ökologisch bedeutende Funktion als Futterfische haben und unverarbeitet eine günstige Nahrungsquelle für die lokale Bevölkerung sind. Das wirtschaftliche und soziale Leben verändert sich mit der Fischmehlproduktion in den Gemeinden, die traditionellerweise vom Fischfang leben, auf dramatische Weise. Die gesamte regionale Fischereiwirtschaft, einschließlich Verarbeitung und Handel, sind davon betroffen. Und das in einer Zeit, in der die Kleinfischerei durch die Auswirkungen des Klimawandels, die Verschmutzung der Meere und schrumpfende Fischbestände schon jetzt an den Rand gedrängt wird.

Für Dawda F. Saine von der gambischen National Association of Artisanal Fisheries Operators (NAAFO), der als Generalsekretär auch CAOPA, die African Confederation of Artisanal Professional Fishing Organisations, vertritt, sind die „Fischereigemeinden in seinem Land die ersten Opfer der Aktivitäten von Fischmehlfabriken, die in ganz Westafrika wie Pilze aus dem Boden schießen. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern von CAOPA fordern die lokalen Fischer die schrittweise Schließung dieser Anlagen“, sagt Saine. Der Meeresbiologe hat für Fair Oceans die Auswirkungen der Fischmehlproduktion in seinem Land, Gambia, näher untersucht. Hier eine Zusammenfassung seines Berichts im März 2021 (deutsch / englisch)

fair-ocean.de