Ausgangspunkt der Erkundigungen im urbanen Raum ist die „Erzählung vom Selbst“. Die meisten der 14 hier versammelten Autorinnen und Autoren leben gegenwärtig in Europa, oft schon seit vielen Jahren. Ursprünglich kommen bis auf eine Schriftstellerin alle aus Subsahara-Afrika und schreiben aus einer autofiktionalen Perspektive. Ein Schlüsselort kann vieles sein: von Kindheit und Jugend erzählen und Erinnerungen wecken, ein solcher Ort kann eine Gegenerzählung zum Offen-Sichtlichen sein, verborgene Stimmen hinter stummen Fassaden hervorlocken, zum Beispiel in Edinburgh mit seiner unsichtbar gebliebenen kolonialen und nahezu vergessenen „Schwarzen Geschichte“.
Die hier versammelten Autor:innen kennen alle den Moment der Verzweiflung, in dem sich eine als existentiell empfundene Krise über das Leben im Exil wölbt, doch das Exil kann auch Trost im Kosmopolitischen bereithalten. So schreibt der Herausgeber mit kongolesischen Wurzeln, der seit Jahren in Graz lebt und arbeitet im aufschlussreichen Vorwort: „Weggehen und zurückkommen wohnt dem Wesen jedes Menschen inne. Dieser neue Globalismus ist ein Ort der ständigen Neudefinition von Religion, Herkunft, Geschlecht sowie des Schmelztiegels der Kunst und der Populärkulturen“. Und das zeige sich wie kaum an einem anderen Ort im Afrotopos Stadt. Die sei nicht vergleichbar mit der europäischen Vorstellung von moderner Urbanität – auch heute noch nicht.
Die großen afrikanischen Städte seien eine Mischung aus kolonialer und postkolonialer Urbanität, im ständigen Wandel begriffen. Kinshasa, zum Beispiel, die quirlige Metropole, sagt Mwanza Mujila, der oft in den Kongo reist, habe einen „ganz besonderen Geruch“, den von gegrillten Maniokblättern und anderen Düften, der sie von Städten in Europa und anderswo unterscheide, ebenso wie die Musik in seinen Ohren und der anhaltende Lärm auf den Straßen. Für einige sei die Stadt ein Ort der Befreiung, wohin die Leute gingen, um ihre Träume zu verwirklichen. Aber sie könne auch ein sehr gefährlicher Ort sein, ein einsamer Ort der Ausgrenzung, der den Verlust der Identität schmerzlich spürbar mache. „In jedem Falle ist die Stadt ein Ausdruck der Modernität und das war für mich ein interessanter Ausgangspunkt für die Anthologie.“